Ein Deep-Dive für Testmanager:innen, QA-Verantwortliche und alle, die glauben, Geschwindigkeit wäre alles.
Willkommen in der Realität von 2025: Agile Teams sind auf der Überholspur, Releases im Wochenrhythmus, KI in aller Munde. Aber unter der Haube? Da knirscht’s gewaltig. Der aktuelle Tricentis Quality Transformation Report 2025 bringt es auf den Punkt: Geschwindigkeit hat Vorrang – aber Qualität zahlt die Rechnung.
Ich habe mir den Bericht genau angesehen – hier kommen die wichtigsten Erkenntnisse, kommentiert aus der Perspektive eines Testmanagers, der diese Schmerzen aus der Praxis nur zu gut kennt.
1. Geschwindigkeit über alles – und der Preis dafür
63 % der Unternehmen geben offen zu, Code ohne vollständige Tests in Produktion zu schicken. Warum? Weil sie den Release-Zug nicht bremsen wollen. Und das, obwohl fast die Hälfte der Befragten sagt, dass sie über 1 Mio. US-Dollar jährlich durch schlechte Softwarequalität verlieren.
Die Folgen:
- Mehr Downtimes, mehr Hotfixes, mehr Nachtschichten.
- Technische Schulden, die sich schneller auftürmen als Bugs gelöscht werden.
- Frustrierte Teams, enttäuschte Kunden – und irgendwann der große Knall.
🧠 Merke: Schnell ist nicht gleich gut. Und ohne Vertrauen in die Qualität wird jede Velocity zur tickenden Zeitbombe.
2. Kommunikation & Kultur: Der wahre Bottleneck
Tricentis benennt klar, wo’s wirklich klemmt:
- 33 % sagen: Entwickler und Tester sprechen nicht dieselbe Sprache.
- 29 % vermissen klare, organisationseinheitliche Qualitätsmetriken.
- 30 % fühlen sich vom Management zu Releases gedrängt, obwohl die Tests noch nicht durch sind.
Das ist kein Tool-Problem – das ist ein Leadership-Problem. Solange Qualität nicht im Boardroom verankert ist, bleibt sie ein lästiger Fußnotenpunkt im Sprint-Review.
🛠️ Mein Appell: Qualität muss ein crossfunktionales Ziel sein – nicht die alleinige Verantwortung der QA.
3. Die versteckten Kosten schlechter Qualität
Der Report zeigt eindrücklich: Qualität ist längst kein „nice to have“ mehr, sondern Business-Überlebensstrategie. Besonders betroffen sind laut Tricentis:
- Finanzdienstleister (49 % verlieren jährlich > 5 Mio. USD!)
- Energieversorger, Behörden, Produktion und Handel – keine Branche bleibt verschont.
Neben Geld kosten Bugs aber vor allem eins: Vertrauen. In das Produkt, in die Marke, in die Teams.
4. KI – Hoffnungsträger mit doppeltem Boden
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
- 82 % freuen sich auf AI-Agenten, die repetitive Aufgaben übernehmen
- 90 % trauen KI zu, eigenständig Release-Entscheidungen zu treffen (!)
- 99,89 % (!) sehen in autonomem Testen die Zukunft
Doch Achtung: Mit KI kommen neue Risiken. Tricentis spricht offen über:
- Bias-Gefahr
- Black-Box-Entscheidungen
- fehlende AI-Literacy in Teams
Was wir brauchen:
Ein klares Governance-Modell für den KI-Einsatz, transparente Entscheidungswege – und Menschen, die verstehen, warum die KI tut, was sie tut.
5. Was jetzt zu tun ist – Handlungsempfehlungen für Testmanager
👉 a. Qualitätsmetriken auf Geschäftsziele mappen
Zeigt, wie Qualität die Kundenbindung stärkt, Kosten senkt, Innovation ermöglicht.
👉 b. AI gezielt und erklärbar einführen
Startet mit Use Cases wie Testfallpflege, Impact-Analyse oder Testdaten-Generierung.
👉 c. Testen als Enabler begreifen – nicht als Bremse
Positioniert QA als Co-Pilot der Produktentwicklung – datengetrieben, strategisch und innovationsnah.
👉 d. Risiken sichtbar machen
Rechnet aus, was schlechte Qualität euch wirklich kostet. In Geld. In Ressourcen. In Vertrauen.
Fazit: Qualität ist nicht verhandelbar
Der Tricentis-Report ist ein Weckruf für alle, die denken, man könne Qualität im Sprint „irgendwie nachholen“. Wer Qualität ignoriert, verliert – zuerst die Kontrolle, dann das Team und am Ende den Kunden.
Aber: Der Weg aus der Falle ist machbar. Mit einem klaren Fokus auf Kommunikation, Governance, sinnvolle Automatisierung – und einem Testmanagement, das nicht kontrolliert, sondern gestaltet.
Weiterlesen
https://www.tricentis.com/resources/quality-transformation-report
Diskussion willkommen:
Wie erlebt ihr die Balance zwischen Speed und Quality in eurem Alltag? Und wie geht ihr mit dem Einsatz von AI in der QA um?